Fokale Leberveränderungen

Die Suche nach Tumoren, Metastasen oder Abszessen ist ein häufiger Anlass für die Sonographie der Leber. Andererseits finden sich herdförmige Leberveränderungen auch häufig als Zufallsbefund. Einige fokale Leberveränderungen bieten ein sehr typisches sonographisches Bild, andere Leberherde sind vieldeutig und nur mit einem kontrastmittelgestützen Verfahren genauer zuzuordnen. Oft ist es auch der anamnestisch-klinische Hintergrund, der zusammen mit dem sonographischen Bild eine bestimmte Diagnose wahrscheinlich macht.


Leberherde mit typischer Sonomorphologie

Leberzysten

Einfache Leberzysten, auch als dysontogenetische Leberzysten bezeichnet, stellen sich als vollständig echoleere Strukturen dar. Die Wand der Zysten ist sehr zart und oft gar nicht darzustellen. Kleine seitliche Gewebe-Vorsprünge in das Zystenlumen sind häufig. Im Bild unterhalb der Zyste erscheint das Parenchym echoreicher als in der weiteren Umgebung: Dies ist die Schallverstärkung, die wir als Artefakt hinter allen echofreien Strukturen sehen. Umgekehrt beweist die Schallverstärkung aber nicht den liquiden Inhalt der Struktur, auch sehr echoarme Tumore können im Einzelfall eine Schallverstärkung hervorrufen. Andererseits können Zysten durch Rausch-Artefakte vermeintlich solide erscheinen. Dies kann zu Problemen in der Abgrenzung zu soliden Lebertumoren führen. Im nebenstehenden Beispiel ist die Diagnose der Zyste aber ganz eindeutig: Die Struktur ist völlig echofrei und zartwandig, die Schallverstärung nicht diskret sondern deutlich.

 

 

Bei diesem Patienten finden sich multiple Leberzysten mit der Charakteristik dysontogenetischer Zysten. Man sieht auf diesem Bild zwei Zysten mit echoleerem Inhalt (1 und 3) und Schallverstärkung (2). Der kleine Pfeil zeigt auf eine Stelle, an der sich die Zystenwand darstellt. Diese ist typischerweise an der dem Schallkopf zugewandten Seite der Zyste zu sehen, weil hier der Schall in einem nahezu rechten Winkel auf die Zystenwand trifft und deshalb ein besonders hoher Anteil reflektiert wird. 

 

Für die anatomische Orientierung ist noch das Diaphragma gekennzeichnet (D) und der Pleurareflex (Pl) im Sinus phrenicocostalis.


Leberabszesse

Bei diesem 84jährigen Patienten waren Leberzysten aus früheren Untersuchungen schon bekannt. Der Patient kam jetzt zur Untersuchung in die Praxis, nachdem er zuhause wegen einer fieberhaften Cholangitis mit Amoxicillin/Clavulansäure behandelt worden war. Eine stationäre Aufnahme wollte der Patient wegen der Corona-Pandemie vermeiden. 

Unterhalb der Leberkapsel ist eine einfache Zyste angeschnitten (5). Ventral der Pfortader stellt sich jetzt eine große Raumforderung dar, die aus echogenem Material besteht und im Randbereich einen Saum aus echofreier Flüssigkeit (2) zeigt. Die Anschnitte des Pfortadersystems sind mit (3) gekennzechnet, das laterale Doppelsegment (linker Leberlappen) mit (4).

Vorgeschichte und Ultraschallbefund machen die Diagnose eine Leberabszesses sehr wahrscheinlich. 

 

 

 

Bei demselben Patienten wie oben findet sich ein weiterer Herd an der Dorsalseite des linken Leberlappens. Die Schallbedingungen sind schwierig, das Bild deshalb nicht ganz scharf. Auch hier erkennt man einen echofreien Flüssigkeitssaum im Randbereich.

 

Leberabzesse können sehr vielgestaltig sein, entscheidend ist die Klinik, die auf die Möglichkeit eines Abszesses hindeutet. Der Abszessinhalt kann echofrei oder echoreich sein. Gaseinschlüsse inform kleiner heller Reflexe sind möglich. Die Wand eine Abszesses kann dicker als die einer einfachen Zyste zur Darstellung kommen. Eine Schallverstärkung ist fast immer vorhanden. 

 

 

Die 90jährige Patientin war wegen einer Cholangitis mit Entwicklung multipler Leberabszesse stationär behandelt worden. Die laborchemischen Entzündungszeichen waren unter der Therapie gut rückläufig. Als Residuen der Abszesse fanden sich zum Entlassungszeitpunkt diese multiplen flau abgegrenzten echoarmen Veränderungen in der Leber.


Echinokokkus granulosus

Die Darstellung zystischer Leberveränderungen führt automatisch zu der Frage, wie Echinokokkuszysten aussehen. Im Beispiel oben links sehen wir eine mehrfach gekammerte zystische Veränderung der Leber. Die Echinokokken-Serologie war positiv und es bestand ein Befall weiterer Organe mit Echinikokkus-Zysten. Oben rechts sieht man einen Zufallsbefund bei einer Patientin, die wegen arterieller Hypertonie sonographiert worden war. Auch hier war die Echinokokken-Serologie positiv und wurde unter Behandlung mit Albendazol negativ. Man sieht, dass Echinokokkus-Herde keinesfalls immer zystisch sind. Der Inhalt im zweiten Beispiel oben mutet wie eine aufgefaltete Zystenmembran an. Typische Befunde bei Echinokokkuszysten sind: eine sich ablösende innere Zystenmembran, Tochterzysten innerhalb der Hauptzyste, Sediment, das bei Umlagerung aufwirbelt ("Hydatidensand"), Verkalkungen. Das sonographische Bild kann also sehr vielfältig sein. Die trotz des großen Befundes geringe klinische Symptomatik und die Herkunft der Patienten aus dem Mittelmeerraum geben wichtige Hinweise. Die folgenden Bilder zeigen, wie sich der Echinokokkus-Herd der Patientin über einige Jahre hinweg verändert hat.


Typische Angiome

Leberhämangiome haben als sehr echoreiche Leberherde ein hoch charakteristisches Erscheinungsbild. Man findet sie stets als Zufallsbefund. Sie haben im Gegensatz zu Metastasen nie einen echoarmen Randsaum und zeigen oft eine nicht ganz runde Form. Im Zweifelsfall kann man die Diagnose mit einem KM-gstützen Verfahren bestätigen. Dafür sind CEUS, MRT und CT gleichermaßen geeignet. Hämangiome reichern das Kontrastmittel vom Rand zum Zentrum hin an, was auf sequentiellen Bildern den Aspekt des "Irisblendenphänomens" erzeugt. 


Lebermetastasen

Der 78jährige Patient kam wegen eines unerklärlichen Gewichtsverlustes mit körperlicher Schwäche zur Diagnostik. Ein Pankreaskarzinom war zu diesem Zeitpunkt sonographisch darstellbar. Die Leber zeigt multiple echoarme fokale Veränderungen und der Befund ist auf den ersten Blick für Metastasen charakteristisch. Die mit dem Sternchen markierte Läsion zeigt ein echoreicheres Zentrum und einen echoarmen Randsaum (Halo). Ein Halo ist bei fokalen Leberläsionen ein Malignitätskriterium. 

 

Die Morphologie von Metastasen ist abhängig von deren Alter. Typischerweise sind Metastasen im Frühstadium rund und echoarm. Im weiteren Verlauf wird das Zentrum durch degenerative Prozesse echoreicher und es entsteht der typische Halo. Noch später kann das Zentrum der Metastase einschmelzen und wiederum echoarm werden. Eine solche Kokardenform wird auch als "target pattern" bezeichnet (Bild unten links). Die Morphologie einer Metastase lässt keine Rückschlüsse auf den Primärtumor zu.


Fokale Minderverfettung

Das Leberparenchym auf diesem Bild erscheint sehr echoreich, die Gefäße sind nicht gut abgrenzbar, die Pfortader erscheint durch Rauschartefakte echoreich. Dies ist die typische Präsentation einer Fettleber. Unmittelbar ventral der Pfortader stellt sich eine ovaläre echoarme Zone dar. Dies ist ein häufiger Befund in Fettlebern und entspricht einer fokalen Minderverfettung. Die fokale Minderverfettung ist im nativ-sonographischen Bild in aller Regel eindeutig zuzuordnen. Wie die folgenden Bilder zeigen kann man in der fokalen Minderverfettung das Parenchymmuster der Leber und Gefäßanschnitte identifizieren, was die Benignität der Veränderung beweist.

 

Prädilektionsstellen für die fokale Minderverfettung sind die Region ventral der Pfortader und die Nachbarschaft der Gallenblase.


Leberherde mit mehrdeutiger Sonomorphologie

In vielen Fällen sind Herdbefunde der Leber allein durch die Ulktraschalluntersuchung diagnostisch nicht zuzuordnen sondern bedürfen einer weiteren Untersuchung mit einem kontrastmittelgestützten Verfahren.

Atypische Hämangiome

Atypisches Hämangiom

 

Bei dieser siebzigjährigen Patientin wurde die Sonographie  durchgeführt zur Fokussuche bei multiplen Beschwerden und dem Gefühl einer reduzierten körperlichen Leistungsfähigkeit. 

 

Im Oberbauchquerschnitt und im Subkostalschnitt rechts sieht man eine große inhomogene Raumforderung ventral der Pfortader. 

 

Sonographisch ist eine diagnostische Zuordnung nicht möglich. In diesem Fall wurde computertomographisch die Diagnose eines atypischen Hämangioms gestellt.


Fokal-noduläre Hyperplasie

Diese beiden Bilder stammen aus der Sammlung des Albertinen-Krankenhauses in Hamburg. Die Raumforderung oben links ist sonographisch nicht eindeutig zuzuordnen. Allerdings sieht man im Zentrum der Veränderung einen hellen Reflex, der die Vermutung aufkommen lässt, dass es sich um die zentrale Narbe in einer fokal-nodulären Hyperplasie (FNH) handeln könnte. Oben rechts sieht man die charakteristische Radspeichenstruktur im Power-Doppler, die unter Umständen aber auch erst mit Kontrastmittel zur Darstellung kommt.

Quelle: https://sonographiebilder.de/leber


Malignome der Leber

CCC

 

Der paramediane Längsschnitt zeigt am unteren Leberrand eine große, sehr echoarme Raumforderung.

 

Die 82jährige Patientin litt unter Gewichtsverlust und leichten Oberbauchschmerzen. Das AFP war nicht erhöht. Allein aufgrund des nativen Ultraschallbildes ist die Diagnose nicht zu stellen.

 

Die weitere Diagnostik mit CT, MRT und PE erbrachte die Diagnose eines cholangiozellulären Karzinoms (CCC).

HCC

In einem paramedianen Längsschnitt sieht man bei diesem 75järigen Patienten einen echoarmen Leberherd (Pfeil). Die schwache, aber eindeutig vorhandene Schallverstärkung darf nicht dazu verleiten, den Herd für eine Zyste zu halten. Die Veränderung ist echoarm, aber nicht echofrei. 

Klinisch-anamnestisch sind rezidivierende leichtgradige alkoholische Hepatitiden aufgefallen. Eine Leberzirrhose besteht nicht. Das AFP ist deutlich erhöht. Die CT-Diagnostik zeigt einen Wash-out des Herdes während die übrige Leber noch mit KM angefärbt ist. Dies ist bei allen KM-Untersuchungen (CEUS, CT, MRT) ein Malignitätskriterium für fokale Leberveränderungen.

 

Es handelt sich um ein hepatozelluläres Karzinom (HCC). Die folgenden beiden Bilder zeigen weitere Beispiele für echoarme Raumforderungen der Leber, bei denen die weiterführende Diagnostik ein HCC zeigte.


Zusammenfassung

Fokale Leberparenchymveränderungen, die sich unter Kenntnis der Klinik meist auf Anhieb diagnostisch zuordnen lassen, sind:

  • Zysten
  • Typische Hämangiome
  • Fokale Minderverfettungen
  • Metastasen (teilweise, bes. wenn multipel)
  • Echinikokkuszysten (teilweise, bes. bei Nachweis von Tochterhydatiden)
  • Leberabszesse (teilweise, bes. bei klinisch-anamnestischen Hinweisen)

 

Fokale Leberveränderungen ohne eindeutige Morphologie müssen durch serologische Methoden (AFP, Echinokokken-Serologie) und KM-Untersuchungen weiter abgeklärt werden. Zu rechnen ist mit folgenden Diagnosen:

  • Metastase
  • Echinikokkuszyste
  • Leberabszess
  • FNH (fokal-noduläre Hyperplasie)
  • Leberadenom
  • HCC (hepatozelluläres Karzinom)
  • CCC (chlangiozelluläres Karzinom)
  • Atypisches Hämangiom