Sonographie der Niere

Schnittebenen

Paramedianer Längsschnitt rechts. Bei tiefer Inspiration kann die rechte Niere durch die Leber als Schallfenster im Organlängsschnitt dargestellt werden.

 

 

 


Flankenschnitt rechts. Der Schallkopf befindet sich in Längsschnittposition zwischen dem Rippenbogen und der Beckenschaufel. Auch von dieser Position aus wird die Niere im Organlängsschnitt dargestellt.


Interkostalschnitt / hoher Flankenschnitt links. Weit dorsal und kranial! Die Hand mit dem Schallkopf liegt (fast) auf der Untersuchungsliege. Der obere Nierenpol in seiner Nachbarschaft zur Milz wird dargestellt. 

Interkostalschnitt / hoher Flankenschnitt rechts. Es ist wichtig, dass der Schallkopf parallel zu den Interkostalräumen aufgesetzt wird. So wird die Längsachse der Niere besser erreicht und störende Rippenschatten werden reduziert.


Oberbauchquerschnitt rechts. Der Schnitt kann je nach Schallbedingungen weiter lateral ausgeführt werden. In tiefer Inspiration kann die Niere im Querschnitt von kranial nach kaudal gescannt werden. 


Flankenschnitt links. Schallkopf über den seitlichen Rumpf-weichteilen zwischen Beckenkamm und Rippen-bogen. Darstellung der Nieren im Längsschnitt. Von hier aus kann man den Schallkopf auch in die Querschnittposition drehen.



Anatomie und Normvarianten

Niere und M. psoas

Die retroperitoneal gelegen Niere liegt nach dorsomedial dem M. iliopsoas auf. Bei der Einstellung im Flankenschnitt kann die Atemverschieblichkeit der Niere gegen den M. iliopsoas dargestellt werden. 


Markpyramiden

Das Nierenbeckenkelchsystem mit dem parasinusoidalen Fettgewebe und den darin liegenden Gefäßen erzeugen im Ultraschallbild den Sinusreflex. Das Pyelon ist physiologischerweise nicht als flüssigkeitsgefüllte Struktur darstellbar. Im Nierenparenchym lassen sich die echoarmen Markpyramiden von den etwas echoreicheren Bertini'schen Säulen abgrenzen. Die Markpyramiden enthalten Tubuli und Sammelrohre, die Säulen enthalten Glomerula wie die Nierenrinde. Die Zone der Bertini'schen Säulen und der Markpyramiden wird als Nierenmark bezeichnet, die Schicht zwischen der Nierenkapsel und den Pyramiden als Nierenrinde. Die vasae arcuatae sind physiologischerweise nicht darstellbar, allerdings können Kalzifikationen dieser Gefäße hier als kleine Echos an der Mark-Rinden-Grenze sichtbar werden. 

Auf diesem Bild sind noch einmal deutlich die Markpyramiden (gelb nachgezeichnet) und der M. Psoas zu erkennen. Dorsal des M. Psoas befinden Echos mit Schallabschwächung (P). Dabei handelt es sich um die Processi transversi der Wirbelsäule. Es handelt sich um einen ventrolateralen Längsschnitt.


Nierenhilus, Sinusreflex

Die Kontur des Sinusreflexes lässt auf diesen Bildern die Papillenregionen gut erkennen (gelb nachgezeichnet). Es handelt sich hier um einen konsequenten Flankenschnitt, die Schnittebene führt durch die laterale Konvexität und den Hilus (Pfeil).


Nierenfettkapsel

Bei der Darstellung der Nieren im Flankenschnitt kann sich eine echogene "Doppelkontur" zeigen, die die Niere umgibt. Dabei handelt es sich um die Nierenfettkapsel.


Physiologischer Nierenbuckel

Im mittleren Drittel der linken Niere findet sich hin und wieder eine Vorbuckelung der lateralen Nierenkontur (Pfeil). Diese wird irreführenderweise öfter als "Milzbuckel" bezeichnet. Besser ist die Bezeichnung "physiologischer Nierenbuckel". 


Parenchymzapfen, Doppelnieren

Im ersten Bild stellt sich eine schmale Stelle im Sinusreflex dar, aber das Nierenbeckenkelchsystem ist nicht komplett zweigeteilt. Das Parenchym erscheint hier als zapfenartiger Vorsprung in Richtung Pyelon ("Parenchamzapfen", Pfeil). In den beiden darauf folgenden Bildern findet sich nicht nur ein Parenchymzapfen, sondern eine vollständige Parenchymbrücke mit Zweiteilung des Nierenbeckenkelchsystems.  Häufig wird diese Situation als "Doppelniere" bezeichnet.


Maße der Niere

Nierengröße: Um den Längsdurchmesser der Niere zu bestimmen, strebt man einen optimalen Flankenschnitt an. Der Organlängsdurchmesser beträgt neun bis zwölf Zentimeter.

PPI (Parenchym-Pyelon-Index): Für die Funktion der Nieren entscheidend ist die Breite des Parenchyms. Diese setzt man in Relation zur Breite des Sinusreflexes. Dabei werden die Parenchymbreiten beiderseits des Sinusreflexes addiert: (D1 + D2) : D3.

Normwerte: PPI > 1,7 für Personen jünger als 60 Jahre

                         PPI > 1,1 für Personen älter als 60 Jahre

Anders ausgedrückt: Bei jüngeren Menschen ist das Parenchym fast doppelt so breit wie der Sinusreflex, bei älteren ist auch ein Parenchym von der selben Breite wie der Sinusreflex gerade noch normal.


Pathologische Befunde

Harnstau, typische Morphologie

Im Fall einer Harnstauungsniere ist der Sinusreflex nicht mehr vollständig echogen. Man erkennt echofrei den Harn im Pyelon. Wenn auch der Ureterabgang dilatiert ist, sieht man auch diesen wie hier im Beispiel. 

Das dilatierte Pyelon erscheint nicht völlig echofrei und "schwarz". Dies ist durch Artefaktechos (Rauschen) bedingt. 


Harnstau, Gradeinteilung

Man unterscheidet vier Grade des Harnstaus. 

 

Harnstau Grad I: Das Pyelon ist dilatiert, die Kelche jedoch nicht. Das Nierenparenchym hat eine normale Breite. Diesen Befund sieht man oft bei akutem Harnstau, zum Beispiel im Rahmen einer Ureterkolik.

 

Harnstau Grad II: Sowohl das Pyelon als auch die Nierenkelche sind dilatiert. Das Abflusshinderniss besteht dabei länger als beim Aufstau Grad I, jedoch ist es noch nicht zu einer Parenchymatrophie gekommen. 

 

Harnstau Grad III: Pyelon und Kelche sind dilatiert, dabei ist das Parenchym verschmälert. 

 

Harnstau Grad IV: Pyelon und Kelche sind massiv dilatiert, ein Parenchymsaum ist nicht mehr erkennbar: hydronephrotische Sackniere.


Harnstau Grad I und II: Beispiele

Das erste Bild zeigt einen Harnstau Grad I: Pyelon dilatiert, Kelche nicht erweitert darstellbar, breiter Parenchymsaum. Im zweiten Bild sieht man einen Harnstau Grad II: Die Kelche sind dilatiert und die Kontinuität zwischen Pyelon und Kelchen ist nachweisbar. Dies ist ein wichtiges Kriterium zur Abgrenzung eines Harnstaus gegen parapelvine Zysten. Das Parenchym ist nicht verschmälert.


Flankenkolik

Akuter Flankenschmerz links und Mikrohämaturie. Schwierige Schallbedingungen wegen Adipositas. Man erkennt aber eine echoarme Zone innerhalb des Sinusreflexes, wegen Artefaktechos nicht echofrei. Harnstau Grad I. Bei Steinkoliken kann die Nierensonographie auch völlig unauffällig sein!

Bei Flankenkoliken spricht ein fehlender Harnaufstau nicht gegen eine Ureterolithiasis. Es lohnt sich immer, auch die Harnblase einzustellen. Der Schallkopf wird in Querschnittposition über der Symphyse aufgesetzt und zum Bauch hin gekippt. Die Schallebene scannt dann den Bereich der Ureterenmündung. Ein prävesikal eingeklemmtes Konkrement kommt deutlich zur Darstellung (Pfeil).


Nierensteine

Die Kriterien für die Diagnostik von Konkrementen sind:

  • echogene meist kuppenförmige Struktur, meist an der Parenchym-Pyelon-Grenze (gelb nachgezeichnet)
  • Schallschatten (Pfeile)

Sehr kleine Konkremente sind sicher zu diagnostizieren, wenn sich ein Schallschatten darstellen lässt. Dieser ist hier im mittleren Bild am deutlichsten.


Verkleinerte Nieren

Die drei Bilder oben zeigen typische Befunde von Parenchymverschmälerung. Man sieht auf Anhieb: Die Summe der Parenchymsäume ist schmäler als der Sinusreflex, der PPI ist also < 1. Der Längsdurchmesser ist hier kaum vermindert. Dies ist dadurch bedingt, dass das schwindende Parenchym von innen her durch parasinusoidales Fettgewebe ersetzt wird, der Sinusreflex ist also tatsächlich breiter geworden. Diese Form der Parenchymverschmälerung findet man regelhaft als Nephrosklerose bei Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren.  Eine einseitige Nierenverkleinerung mit erhaltenem PPI spricht für eine einseitige Nierenarterienstenose. Als verdächtig gilt hier ein Größenunterschied von mehr als 1,5 cm im Längsdurchmesser.

Hier ist die Niere kaum noch von der Umgebung abzugrenzen. Außerdem erkennt man die Grenze zwischen dem Sinusreflex und dem Parenchym nicht. Die diagnostische Beurteilung lautet: Sonographisches Bild einer diffusen Nierenparenchymerkrankung mit Organverkleinerung. Die weitere Diagnostik (CT) zeigte in diesem Fall Markschwammnieren.


Vergrößerte Nieren

Große Nieren mit breitem Parenchymsaum findet man beidseitig bei der diabetischen Nephropathie im Stadium 1 durch die bestehende Hyperfiltration.  Eine einseitig große Niere findet man als kompensatorische Hypertrophie bei Einzelnieren.


Nierenzysten, unkompliziert

Nierenzysten sind kugelig und echofrei. Sie können subkapsulär und parapelvin gelegen sein. Sie erzeugen typischerweise eine Schallverstärkung (Pfeile). Es handelt sich häufige und meist harmlose Zufallsbefunde. Eine Verlaufskontrolle ist nicht zwingend erforderlich (s. u. Bosniak Typ I).


Nierenzysten, kompliziert

In dieser Nierenzyste ist ein schmales Septum erkennbar. Zysten mit solchen Binnenstrukturen sind nicht mehr unkompliziert und sollten beobachtet werden. Das Fehlen einer parenchym-artigen Textur im Septum spricht aber für Benignität (s. u. Bosniak Typ II).

 

Die beiden nächsten Bilder stammen von einer Patientin, die wegen Hämaturie zur Untersuchung kam. Auch hier sieht man fädige oder septale Binnenstrukturen, gleichzeitig ist jedoch die Wand der Zyste deutlich verdickt. Als Ursache kommen entzündliche Reaktionen, Einblutungen oder eine Neoplasie in Betracht. Für solche Zysten wird eine chirurgische Intervention empfohlen (s. u. Bosniak Typ III).


Nierenzyste und Nierenzellkarzinom

Hier stellt sich ebenfalls eine zystische Formation dar, allerdings nicht kugelig wie bei einer unkomplizierten Nierenzyste zu erwarten. Die zystische Struktur liegt innerhalb einer soliden Formation (Tu). Im Bild rechts des Rippenschattens sind noch die anatomischen Strukturen der übrigen Niere zu erkennen. Dies ist das typische sonographische Bild eines Nierenzellkarzinoms mit einem zystischen Anteil. 


Nierenzysten: Einteilung nach Bosniak

Wie wir gesehen haben, erstreckt sich das morphologische Spektrum der Nierenzysten von der unkomplizierten sicher benignen Zyste bis zu typischen Bild des Karzinoms. Dies wird abgebildet in der Einteilung nach Bosniak:

  • Typ I: Unkomplizierte dünnwandige benigne Nierenzyste von rundlicher Konfiguration und homogener Binnenstruktur
  • Typ II: Gutartige zystische Läsion mit geringen Binnenstrukturen (z. B. kleinen Septen) und Kalziumeinlagerungen in der Wand
  • Typ II F: Zystische Läsion mit Binnenstrukturen (z. B. Septen oder kleinen Verkalkungen), welche verlaufskontrolliert werden sollte
    (F = Follow up)
  • Typ III: Unregelmäßige Struktur mit teilweise verdickter Wand. Eine Neoplasie kann nicht ausgeschlossen werden. Eine chirurgische Intervention wird empfohlen.
  • Typ IV: Zystisches Malignom

Zystennieren

Zystennieren (autosomal dominant polycystic kidney disease, ADPKD) ergeben sonographisch ein eindeutiges und eindrucksvolles Bild und können in der Regel leicht von multiplen einfachen Nierenzysten unterschieden werden. Die Nieren sind von Zysten so durchsetzt, dass die gewohnte Sono-Anatomie mit Pyelonreflex und Parenchym nicht mehr sichtbar ist. Gleichzeitig sind die Nieren vergrößert. Der Verlauf der Erkrankung ist sehr heterogen, so dass Zystennieren sowohl bei jungen als auch bei betagten Patienten gefunden werden können. Die Zysten können sehr unterschiedlich groß sein. 

In diesem zweiten Bild dominiert der Eindruck der diffusen Parenchymerkrankung  durch die Aufhebung der Sono-Architektur. Ursächlich ist die Durchsetzung der Niere mit kleinen Zysten. Sieht man multiple Nierenzysten, kann sich die Frage stellen, ob man es mit einem frühen Stadium einer polyzystischen Nierenerkrankung zu tun hat und eine Verlaufskontrolle angezeigt ist. Dieser Verdacht besteht nach Pei et al bei folgenden Konstellationen:

  • Alter unter 40 Jahre und mindestens 3 Zysten
  • Alter 40 - 60 Jahre und mindestens 2 Zysten pro Niere
  • Alter über 60 Jahre und mindestens 4 Zysten pro Niere

Solide Raumforderung: Nierenzellkarzinom und Onkozytom

Flankenschnitt links. Am unteren Nierenpol lateral ist die Kontur der Nierenkapsel unterbrochen. Eine im Bild 1,2 cm große Raumforderung erzeugt einen Buckel auf der Nierenoberfläche. Es besteht sonographisch der dringende Verdacht auf einen Nierentumor unklarer Dignität. Eine Teilresektion der Niere wurde durchgeführt, es handelte sich um ein kleines Karzinom. Vom sonomorphologischen Aspekt her wäre auch ein benigner Tumor,
z. B. ein Onkozytom möglich. Eine Unterscheidung gelingt aber mit keinem bildgebenden Verfahren mit ausreichender Sicherheit.


Solide Raumforderung: Angiomyolipom

Die hier dargestellte Raumforderung im mittleren Nierendrittellateral ist außerordentlich echoreich und nicht ganz kugelig, sondern, hier im Organlängsschnitt zu erkennen, etwas unregelmäßig konturiert. Einen echoarmen Randsaum findet man nicht. Dieses Bild ist pathognomonisch für das Angiomyolipom. Die morphologischen Kennzeichen sind die selben wie beim Hämangiom der Leber. Wird es zufällig gefunden, ergeben sich keine Konsequenzen. 


Hier endet das Nieren-Kapitel meines Online-Sonographiekurses. Sie haben die Technik der Nierensonographie gesehen und Beispiele für die häufigsten pathologischen Befunde. Für mehr Beispiele und Differenzialdiagnosen sei auf die Literatur verwiesen und auf den sehr nützlichen Sonographie-Atlas des Albertinen-Krankenhauses Hamburg. Über Anregungen und Kritik freue ich mich. Benutzen Sie dafür gern das Kontaktformular der Praxis-Homepage.